»Die Verfassung der DDR sah eine Zensur nicht vor. Tatsächlich erfolgte diese jedoch unter dem Ersatzbegriff der Druckgenehmigung und betraf nahezu die gesamte Buchproduktion.«
Quelle: Das Bundesarchiv, Ministerium für Kultur, Einleitung

Das Druckgenehmigungsverfahren zu »Wenn ein Reisender in einer Winternacht« findet sich im Bundesarchiv unter der Bezeichnung BArch DR 1 / 2385. In dem vorliegenden Künstlerbuch ist eine Textstelle aus Calvinos Roman zitiert, in der Arkadian Porphyritsch die Zensur mit der Liebe und Wertschätzung der Literatur begründet. Prophyritschs Lob auf den repressiven Polizeistaat ist auf insgesamt sechs dünne, gewachste Papiere blindgedruckt, das handgeschöpfte Material wurde ursprünglich als Schablone für die Mimeografie benutzt, ein Vorläufer der Xerografie. Die sechs Blätter liegen lose um ein schmales Heft mit zwei Gutachten aus dem Bundesarchiv und verdecken dieses. Um Calvinos Text lesen zu können, muss der Leser die Bogen wie eine Verpackung öffnen und auffächern. Durch die Benutzung wird die Wachsschicht nach und nach kleine weiße Bruchstellen bekommen, mit der Zeit wird der feine und fragile Text eventuell komplett unleserlich, seine Materialität verschwindet, aber der Inhalt hat sich dem Leser eingeprägt. Das innenliegende Heft enthält die beiden bei der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel eingereichten Gutachten zu dem Roman, ein Verlagsgutachten der Lektorin Carola Gerlach und ein Außengutachten von Sigrid Siemund. Beide plädieren in ihren Gutachten für eine Veröffentlichung, wobei Carola Gerlach die kritische Textstelle ganz offensiv erwähnt und als eine feine und kluge Satire Calvinos darstellt.

Text: Italo Calvino, Carola Gerlach, Sigrid Siemund
Idee, Gestaltung, Druck und Bindung: Veronika Schäpers
Papier: Toshaban (gewachstes Ganpi-Papier), Mitsumata-Papier and Rayon-Papier
Einband: Kozo kaschiertes Enduro Ice Papier mit Titelprägung
Gedruckt von Polymerklischees
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Mehrfarbige Box aus Acryl mit Titel im Siebdruck
18 Seiten + 7 lose Blätter, 15 ⋅ 30,5 cm + 30,5 ⋅ 46 cm
Auflage 15 arabisch nummerierte Exemplare und 8 römisch nummerierte Exemplare
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Karlsruhe, 2023